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Betriebsausgabenabzug: Die Tücken des § 37b EStG

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30. Juni 2021 (Datum der Veröffentlichung)

Der Grundgedanken des § 37b EStG ist es, die steuerliche Behandlung von Sachzuwendungen zu vereinfachen. Das Unternehmen kann Zuwendungen pauschal versteuern, wenn die Anwendungsvoraussetzungen vorliegen. Liegen sie nicht vor, droht dem Zuwendungsempfänger die Versteuerung. Die Gefahr besteht oft bei großen und aufwendigen Betriebsveranstaltungen wie beispielsweise ein Firmenjubiläum. Im Folgenden geht es um die Tücken der Pauschalisierungsvorschrift.

1. Pauschalisierung nach § 37b EStG

Mit dem Jahresgesetz 2007 wurde die Vorschrift des § 37b EStG eingeführt. Danach können Steuerpflichtige die Einkommensteuer mit einem einheitlichen Pauschalsteuersatz von 30 % erheben

  • für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten und
  • betrieblich veranlassten Zuwendungen,
  • die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden sowie
  • Geschenke i. S. d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG, die nicht in Geld bestehen.

Die Pauschalisierung ist ausgeschlossen, wenn die Aufwendungen je Wirtschaftsjahr und Empfänger (§ 37b Abs. 1 S. 3 Nr. 1 EStG) oder wenn die Aufwendung für die einzelne Zuwendung (§ 37b Abs. 1 S. 3 Nr. 2 EStG) den Betrag von 10.000 EUR übersteigen.

2. Zusätzlich zum Lohn gewährte Leistungen

Der ursprüngliche Zweck der Vereinfachung konnte die Norm in der Praxis nicht erreichen, denn es wurde viel mehr über die Auslegung der Norm gestritten. Jedoch wurde sich darüber geeinigt, das der § 37b EStG keine eigene Einkunftsart begründet, denn er soll nur dort greifen, wo die Gewährung von Zuwendungen beim Empfänger als Betriebseinnahmen oder Arbeitslohn zu erfassen sind (Bundesfinanzhof 12.12.13, VI R 47/12). Hingegen entstanden bei der Frage, ob die Leistung „zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung“ gewährt wurde und welche Beträge (z. B. bei Aufwendungen für Firmenveranstaltungen) in die 10.000-EUR-Grenze einzubeziehen sind, Streitigkeiten.

2019 hat der Bundesfinanzhof (BFH) zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine bestimmte Leistung „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ gewährt wurde Stellung genommen und seine bisherige Rechtsprechung zur Zusätzlichkeitsvoraussetzung geändert (BFH 1.8.19, VI R 32/18, VI R 21/17, VI R 40/17). War der BFH in der Vergangenheit davon ausgegangen, dass die Anwendung von § 37b EStG bei bestimmten Sachverhalten mit Gehaltsverzicht oder Gehaltsumwandlung durch das Zusätzlichkeitserfordernis ausgeschlossen war, gab er diese Ansicht zumindest teilweise auf. Ohnehin geschuldeter Arbeitslohn sei derjenige Lohn, den der Arbeitgeber verwendungsfrei und ohne eine bestimmte Zweckbindung (ohnehin) erbringe (BFH 1.8.19, VI R 32/18, BStBl II 20, 106).

3. Der geänderte § 8 Abs. 4 EStG

Wenn Arbeitslohn verwendungs- bzw. zweckgebunden neben ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet wird, nur dann liegt zusätzlicher Arbeitslohn vor. Ob der Arbeitnehmer auf den zusätzlichen Arbeitslohn einen arbeitsrechtlichen Anspruch hat, spielt keine Rolle (BFH 1.8.19, VI R 32/18, BStBl II 20, 106). Hinsichtlich des Zeitpunkts sei auf den Zeitpunkt der Lohnzahlung abzustellen (BFH 1.8.19, VI R 32/18, BStBl II 20, 106). Der BFH sieht die Konsequenz, dass die arbeitsrechtlich wirksame Herabsetzung von Arbeitslohn durch verwendungsgebundene und steuerlich begünstigte Zusatzleistungen kompensiert werden können (1.8.19, VI R 32/18, BStBl II 20, 106).

Mit Nichtanwendungserlass reagiert die Finanzverwaltung (BMF 5.2.20, IV C 5 – S 2334/19/10017 :002, BStBl I 20, 222) und vollzieht die angekündigte Anpassung des Gesetzes mit Einführung eines modifizierten § 8 Abs. 4 EStG durch das Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020, 21.12.20):

  • § 8 Abs. 4 in der Fassung des JStG 2020

„Im Sinne dieses Gesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn

    1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
    2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
    3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
    4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.
      Unter den Voraussetzungen des S. 1 ist von einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistung auch dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder auf Grund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage (wie Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz) einen Anspruch auf diese hat.“

Durch die Neuregelung im Gesetz wird nun für fast das gesamte Einkommensteuergesetz einheitliche Verwendung der Begrifflichkeit gewährleistet und klargestellt, dass nur „echte Zusatzleistungen“ des Arbeitgebers steuerbegünstigt sein sollen. Nicht begünstigt sind Fallgestaltungen, in denen die Leistung im Wege der Gehaltsumwandlung gewährt werden oder die Leistungen auf den Arbeitslohn angerechnet werden.
Auch der Aspekt der sozialen Absicherung von Arbeitnehmern stellt eine wichtige Rolle dar, weil der sozialversicherungspflichtige Grundarbeitslohn durch solche Gestaltungen dauerhaft zugunsten von Zusatzleistungen herabgesetzt wurde. An der Neuregelung wurde bereits in einem laufenden Gesetzgebungsverfahren vielfach Kritik geäußert. Es wurde darauf hingewiesen, dass es durch die Einführung der Norm zu einer Ungleichbehandlung von neuen und alten Arbeitsverträgen (Stellungnahme Bundesverband mittelständische Wirtschaft e.V.) sowie zu Abgrenzungs- und Streitfragen (Stellungnahme Bund der Steuerzahler) führen werde. Zu erwarten ist, dass bald für die Rechtsprechung eine Gelegenheit kommen wird, um über diese neu aufgetauchte Fragestellung zu entscheiden.

Praxistipp

Bei größeren Veranstaltungen macht es besonders Sinn, sich im Vorfeld bei seinem zuständigen Betriebsstätten-Finanzamt aufzunehmen, um die steuerlichen Konsequenzen im Rahmen einer Anrufungsauskunft gemäß § 42e EStG oder verbindlichen Auskunft zu klären.
Wenn auch externe Personen teilnehmen, hätte es eine Versagung der Anwendung von § 37b EStG zur Folge, dass die Zuwendung durch den Zuwendungsempfänger zu versteuern wäre.

4. Überschreitung der 10.000-EUR-Grenze

Bei Veranstaltungen mit externen Begleitpersonen, kann die Anwendung vom § 37b EStG auch an der Überschreitung der 10.000-EUR-Grenze scheitern. Auch dann droht die Versteuerung der Zuwendung durch den Zuwendungsempfänger. Um die Anwendung des § 37b EStG zur „retten“, stellt sich die Frage, welche Aufwendungen in die Bemessungsgrundlage des § 37b Abs. 1 S. 2 EStG und somit auch in die 10.000-EUR-Grenze einzubeziehen sind. Der BFH entschied nun, dass auch die Kosten für den äußeren Rahmen der Veranstaltung einzubeziehen sind. § 37b Abs. 1 S. 2 EStG führt eine selbstständige Bemessungsgrundlage an, die unter Umständen im Einzelfall zu einem anderen Ergebnis führen kann als die Bewertungsvorschrift des § 8 Abs. 2 EStG.

• Sachverhalt (BFH 7.7.20, VI R 4/19)
Die Klägerin veranstaltete im Jahr 2013 eine Party, zu der sie neben Arbeitnehmern auch ausgewählte Arbeitnehmer verbundener Unternehmen sowie Arbeitnehmer selbstständiger Einzelhändler einlud. Für die Durchführung der Veranstaltung entstanden der Klägerin Aufwendungen für die Anmietung von Toilettencontainern, Ausstattung und Dekoration, Leerung des Toilettentanks, Hallenanmietung, Technikausstattung, Garderobencontainer, Reisekosten von Veranstaltungsteilnehmern, Mobiliar, Werbemittel, Künstler, GEMA, Catering, Crewcatering, Hotelzimmer Crew und Künstler. Hinsichtlich der grundsätzlichen Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 37b EStG bestand zwischen den Parteien kein Streit.
Die Streitigkeit bestand darin, ob das Finanzgericht zu Recht lediglich die Aufwendungen für Werbemittel aus der Bemessungsgrundlage des § 37b EStG ausgenommen hat oder ob auch die Aufwendungen für den äußeren Rahmen der Veranstaltung nicht in die Bemessungsgrundlage von § 37b EStG einzubeziehen sind.
Der BFH entschied, dass die streitigen Aufwendungen für den äußeren Rahmen der Veranstaltung zu Recht in die Bemessungsgrundlage des § 37b EStG einbezogen wurden. Entgegen der Rechtsprechung zur Bewertung einer Sachzuwendung nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG seien auch die Kosten für den äußeren Rahmen einer Veranstaltung, ebenso wie die Kosten für die Anmietung einer Konzerthalle, in die Bewertung der Zuwendung gemäß § 37b EStG einzubeziehen.

Laut BFH sind in die Bemessungsgrundlage nach §37b Abs. 1 S. 2 EStG „alle der Zuwendung direkt zuzuordnenden Aufwendungen (Einzelkosten)“ einzubeziehen. Wenn Anwendungen Teil einer Gesamtleistung sind, so ist der auf die jeweilige Zuwendung entfallenden Anteil gegebenenfalls durch Schätzungen zu ermitteln.

5. Relevanz für die Praxis

Die Entscheidung reiht sich in eine Vielzahl von Entscheidungen zu Anwendungs- und Auslegungsfragen von § 37b EStG ein. Beispielsweise hat der BFH (13.5.20, VI R 13/18) entschieden, dass die Aufwendungen die bei dem engagieren einer Eventagentur in der Bemessungsgrundlage von § 37b EStG einzubeziehen sind. Zu Recht wird angeführt, dass die mit Einführung von § 37b EStG beabsichtigte Vereinfachung erst bei Anwendung einheitlicher Bewertungsgrundsätze erreicht würde.

Fazit

Es wurde die Chance verpasst, die Bewertungsvorschriften von § 8 Abs. 2 EStG und die Bemessungsgrundlage in § 37b Abs. 1 S. 2 EStG, im Jahresgesetz 2020 anzugleichen und auch insoweit ein höheres Maß an Klarheit und die beabsichtigte Vereinfachung zu erreichen.

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