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Sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Studenten – das sind die Grundsätze

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Olaf Heinrichs

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7. Dezember 2021 (Datum der Veröffentlichung)
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Viele Studenten arbeiten neben ihrem Studium oder auch in den Semesterferien in verschiedenen Unternehmen. Hierbei fragen sich viele Unternehmen, wie die Beschäftigung sozialversicherungsrechtlich zu beurteilen ist. Im folgendem werden die Beurteilungsgrundsätze erläutert.

Kurzfristig ausgeübte Beschäftigung

Studenten, welche ausschließlich während Schul- oder Semesterferien, also mehrere Wochen am Stück, arbeiten, sind meist mit der kurzfristigen Beschäftigung als Beschäftigungsform am optimalsten eingestuft (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV). Damit bei dieser Beschäftigungsform keine Sozialversicherungsbeiträge anfallen, darf die Beschäftigung im Kalenderjahr nicht länger als drei Monate oder 70 Arbeitstage ausgeübt werden. Im Sozialversicherungsrecht spielt die Höhe des Arbeitslohns keine Rolle.

Beispiel

Ein Student hat einen Ferienjob vom 15.2.22 bis zum 15.4.22. Er erhält ein monatliches Arbeitsentgelt von 2.200 EUR bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37 Stunden. Bis dahin hat er 2022 noch nicht anderweitig gearbeitet.
Ergebnis: Es liegt somit eine sozialversicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung vor, weil der Student die Beschäftigungsdauer von drei Monaten bzw. 70 Arbeitstagen nicht überschreitet.

Merke

Werden mehrere kurzfristige Beschäftigungen in einem Kalenderjahr ausgeführt so sind diese zeitlich zusammenzurechnen. Deshalb kann eine weitere kurzfristige Beschäftigung zur Versicherungspflicht führen. Dies hat zur Folge, dass die Beiträge nacherhoben werden.
Dies kann auch bereits zu Beginn der kurzfristigen Beschäftigung sein, wenn im gleichen Jahr schon eine kurzfristige Beschäftigung ausgeübt wurde und abzusehen ist, dass die neue Tätigkeit mit der vorherigen mehr als 90 Kalendertage andauert. Liegen Vorbeschäftigungen vor, treten an die Stelle der drei Monate die 90 Kalendertage.

Geringfügig entlohnte Beschäftigung

Ebenso kommt die geringfügig entlohnte Beschäftigung für Studenten in Betracht (§8 Abs.1 Nr. 1 SBG IV). Diese Beschäftigungsart bietet sich insbesondere an, wenn eine kurzfristige Beschäftigung nicht (mehr) möglich ist. Hier gilt die Entgeltgrenze von 450 EUR. Die Beschäftigung eines Studenten als Minijobber hat zur Folge, dass der Arbeitgeber

  • einen pauschalen Krankenversicherungsbeitrag von 13 Prozent (sofern der Student gesetzlich [mit-]versichert ist; der Beitrag entfällt hingegen für privat krankenversicherte Minijobber) und
  • einen pauschalen Rentenversicherungsbeitrag von 15 Prozent leisten muss.

Merke

Übt ein Student einen 450-EUR-Job aus, besteht grundsätzlich Versicherungspflicht in der Rentenversicherung (Besonderheiten für Werkstudenten, im späteren Verlauf des Artikels).

Beispiel

Ein Student arbeitet im April 2022 auf Minijob-Basis. Er hat laut Fragebogen ausdrücklich nicht zur Rentenversicherungsfreiheit optiert. Er ist familienversichert.

Gehalt Minijob 450,00 EUR
Pauschalbeiträge Arbeitgeber:
  • 15% Rentenversicherung
67,50 EUR
  • 13% Krankenversicherung
58,50 EUR
  • 2% Pauschalsteuer
9,00 EUR
Arbeitgeberbelastung 135,00 EUR
RV-Beitrag Student 3,6% ./. 16,20 EUR
Auszahlung an Student 433,80 EUR

Tipp

  • Befreien lassen von der Rentenversicherungspflicht kann sich der Student durch einen schriftlichen Antrag beim Arbeitgeber.
  • Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Tag des Eingangs des Befreiungsantrags zu dokumentieren und den Antrag zu den Entgeltunterlagen zu nehmen.

 

Als Werkstudenten sind sie

  • in der Kranken- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei,
  • in der Pflegeversicherung nicht versicherungspflichtig,
  • in der Rentenversicherung dagegen versicherungspflichtig.

Für die Versicherungsfreiheit benötigt die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts neben dem förmlichen Status des Studenten als „ordentlichem Studierenden“ einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule, dass das Studium Zeit und Arbeitskraft des Studenten überwiegend in Anspruch nimmt. Er muss also trotz der „neben“ dem Studium ausgeübten entgeltlichen Beschäftigung nach seinem Erscheinungsbild noch Student bleiben.

Tipp

Arbeitgeber sollten sich immer die aktuelle Studienbescheinigung der Studenten geben lassen.

^1 setzt voraus, dass eine wissenschaftliche Ausbildung in einem geordneten Studien- oder Ausbildungsgang erfolgt und der Student sich einer mit dem Studium in Verbindung stehenden oder darauf aufbauenden Ausbildungsregelung unterwirft (BSG 19.12.74, 3 RK 64/72).

Einhaltung der 20-Wochenstunden-Grenze

Personen, welche neben ihrem Studium nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich beschäftigt sind, gehören ihrem Erscheinungsbild nach grundsätzlich zu den Studenten und nicht zu den Arbeitnehmern. Ohne Bedeutung ist hierbei das Arbeitsentgelt.

Beispiel

Ein Student übt eine unbefristete Beschäftigung aus. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 19 Stunden, das Entgelt 1.400 EUR monatlich.

Ergebnis: Die 20-Stunden-Grenze wird nicht überschritten. Die Beschäftigung ist versicherungsfrei in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. In der Rentenversicherung besteht Versicherungspflicht.

Tipp

Als Arbeitgeber sollten wöchentliche Stundenaufzeichnungen geführt werden, um die 20-Wochenstunden-Grenze nachweisen zu können.

Einhaltung der 26-Wochen-Grenze

Bei Beschäftigungen in der vorlesungsfreien Zeit, am Wochenende sowie in den Abend- und Nachtstunden kann Versicherungsfreiheit auch bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden bestehen, wenn Zeit und Arbeitskraft des Studenten noch überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen werden. Davon gehen die Spitzenorganisationen aus, wenn eine solche Beschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von mehr als 20 Stunden auf einen Zeitraum von 26 Wochen befristet ist.

Beispiele

 

  • Ein Student übt während der Vorlesungszeit in der Zeit von Montag- bis Freitagvormittag eine auf 15 Wochen befristete Beschäftigung aus. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 25 Stunden. Das monatliche Entgelt beträgt 1.700 EUR.
  • Ergebnis: Der Student ist nicht versicherungsfrei aufgrund der Werkstudentenregelung, weil er die Stundengrenze in der Vorlesungszeit und nicht in der vorlesungsfreien Zeit, an den Wochenenden, Abend- oder Nachtstunden überschreitet.

 

  • Ein Student ist unbefristet beschäftigt. Seine wöchentliche Arbeitszeit beträgt 20 Stunden. Das monatliche Entgelt beträgt 1.000 EUR. Während der Semesterferien wird die wöchentliche Arbeitszeit für acht Wochen auf 40 Stunden erhöht.
  • Das monatliche Entgelt beträgt nun 2.000 EUR. Innerhalb des Jahres war der Student noch nicht mit mehr als 20 Stunden pro Woche tätig.
  • Ergebnis: Der Student ist versicherungsfrei aufgrund der Werkstudentenregelung, weil er die 20-Stunden-Grenze nur in den Semesterferien überschreitet und die 26-Wochen-Grenze einhält.

Beschäftigung während eines Urlaubssemesters

Für Studenten, welche bei fortlaufender Immatrikulation für ein oder mehrere Semester vom Studium beurlaubt sind, besteht für die Dauer der Beurlaubung keine Versicherungsfreiheit aufgrund des Werkstudentenprivilegs. Da davon auszugehen ist, dass das Erscheinungsbild als Student nicht mehr gegeben ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Versicherungspflicht!

Beispiel

Ein Student lässt sich für ein Semester vom Studium beurlauben. Er besucht keine Vorlesungen und arbeitet während dieser Zeit für einen monatlichen Lohn von 1.200 EUR und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19 Stunden.

Ergebnis: Aufgrund des Urlaubssemesters greift das „Werkstudenten“-Privileg nicht. Es besteht nicht nur in der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch in allen anderen Sozialversicherungszweigen Versicherungspflicht.

Tipp

Arbeitgeber sollten die Studienbescheinigung genau prüfen, da man im Kleingedruckten erkennt, ob ein Fach- oder ein Urlaubssemester vorliegt.

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